Höhepunkte des FZ Tells
Es war schon Mitte der fünfziger Jahre, als sich in den Köpfen einiger Mitglieder des Schützenclubs Tell eine Idee breit machte, die ihnen beim bloßen Gedanken eine Gänsehaut bescherte.
Die Gründung eines Fanfarenzuges war für Rupert Manghardt, Werner Fink und Paul Schniepp nicht nur eine fixe Idee, sondern purer Idealismus. Und nachdem sich noch weitere Idealisten dazu gesellten, konnte bereits 1956/57 in lttenbeuren geprobt werden. Die benötigten Instrumente wurden damals vom Schützenclub Tell finanziert, vom Musikhaus Lange gestiftet, und zum Teil selber gekauft. Und nachdem die damalige Firma Barthel zum Freundschaftspreis die Wimpel gestickt hatte, war es 1958 endlich soweit und der Fanfarenzug „Tell" Schornreute war gegründet .
Schon bald konnte man vier Fanfarenmärsche spielen und zwei Trommelmärsche schlagen, so dass man unter Zugführer Schniepp und Tambourmajor Fink gut gerüstet dem 1. Auftritt entgegenfieberte. Und was lag näher als sich bei der Fahnenweihe des Schützenclubs Tell zum ersten Mal zu präsentieren. Als Outfit legte sich jeder eine schwarze Hose, ein weißes Hemd und eine silbergrau gestreifte Krawatte zu.
"Bewährung alter Tradition im Dienste der Gemeinschaft" war anlässlich des 10-jährigen Jubiläums im Juni 1968 ein der schwäbischen Zeitung zu lesen und hat wohl bis heute seine Bedeutung.
Mit einem Festzelt in St. Christina und einem Sternmarsch mit zehn oberschwäbischen Fanfarenzügen vor dem Ravensburger Rathaus wurde dieser Anlass gebührend gefeiert. Der Fanfarenzug "Welfen" Weingarten übernahm damals die Patenschaft und hegt bis heute eine gute kameradschaftliche Beziehung zum FZ "Tell".
Ein besonderer Höhepunkt an diesem Jubiläum war neben einem Festbankett mit vielen Ehrengästen sicherlich die feierliche Standartenweihe durch Pater Leutfried beim Gottesdienst am Sonntagmorgen. Pater Leutfried war immer ein Fürsprecher des FZ „Tell" und dieser dankte es ihm beim alljährlichen Geburtstagsständchen an Heilig Abend. Lange Jahre war es seiner Fürsprache zu verdanken, dass man einen geeigneten Proberaum im Kindergarten von St. Christina hatte. Diese geweihte Standarte schmückte in den letzten Jahren mit Hilfe eines Reiters die Spitze des Fanfarenzugs beim Rutenfestumzug.
Mit Erwin Wiedler als Vorstand und Horst Pichler als musikalischen Leiter übernahmen nach dem Jubiläum zwei Idealisten die Vereinsführung die es verstanden, die eigenen Leute und viele neuen Leute für die Fanfarenmusik zu begeistern. Horst Pichler ist bis heute ein Garant für gute Fanfarenmärsche und Konzertstücke, mit denen der FZ "Tell" sein Publikum begeistert.
Neben musikalischen Erfolgen wurde die Kameradschaft immer mehr ein wichtiger Faktor des Vereinslebens. Geprobt wurde im Kindergarten St. Christina und die "Goldene Uhr" in Ravensburg war über lange Jahre das Vereinslokal des "Tell". Sogar eine Brauereibesichtigung wurde vom "Stiehle Karle" organisiert, dessen Name in früheren Jahren untrennbar mit dem Fanfarenzug "Tell" in Verbindung stand.
Im Januar 1971 übernahm der „Tell“ die Patenschaft für den vom ehemaligen Tell Mitglied Waldemar Vogelsang neu gegründeten Fanfarenzug Spaichingen. Viele Jahre lang galten zahlreiche Fanfarenzug-Treffen des FZ Spaichingen als besonderer Leckerbissen. Denn vor allem die Kameradschaft wurde an diesen feuchtfröhlichen Wochenenden gepflegt.
Nachdem man mit der bisherigen Uniform über 10 Jahre auf mancher Bierbank umherrutschte, war es Zeit, eine neue Uniform anzuschaffen. Nachdem Horst Pichler bei den Wilhelm-Tell-Festspielen in Altusried eine historische Landsknechtuniform aus dem 16. Jahrhundert entdeckte, entschloss man sich, diese originalgetreu nachzuschneidern. Durch die Spenden der Narrenau Weissenau, der Kinderfestkommission Weissenau, der Stadt Ravensburg, einem Darlehen der Kreissparkasse und dem eisernen Willen der damaligen Mitglieder ist es zu verdanken, dass der Ravensburger Schneider Fick diese schöne Uniformen schneidern konnte. Bis heute wird sie – in den Vereinsfarben schwarz und gold – mit Stolz getragen.
11 Jahre nach der ersten Rutenfestteilnahme stellte der Zug sich 1971 mit dieser Uniform am Rutenfest vor. Angeführt wurde der Zug zum ersten Mal durch zwei Fahnenschwinger. Seit dieser Zeit sind die Fahnenschwinger ein Markenzeichen des Vereins.
1972 übernahm Hubert Feldmann den Fanfarenzug und leitete ihn drei Jahre lang souverän. Eine erneute Teilnahme am Landesturnfest in Hohenems war in dieser Zeit ein weiterer Höhepunkt, bei dem man zwei Tage lang begeistern konnte.
Als Christoph Weber 1980 sein Amt aus persönlichen Gründen niederlegte, übernahm Heinz Sauer die Leitung des Zuges. 1981 kam dann ein entscheidender und zugleich zukunftsweisender Schritt in der Struktur des Vereins: Man wurde eingetragener Verein der Stadt Ravensburg. Nachdem man bisher nur einen Hauptverantwortlichen hatte, wurde der musikalische und organisatorische Bereich aufgeteilt. Hansjörg Rupp als 1. Vorsitzender und Andreas Kirsten als 2. Vorsitzender waren die Ersten, die ins Vereinsregister eingetragen wurden. Erneut wurde Christoph Weber Zugführer und somit musikalischer Leiter. Dieser positive Entschluss brachte dem Fanfarenzug in kürzester Zeit eine stattliche Zahl passiver Mitglieder, welche anfangs hauptsächlich ehemalige „Teller“ waren.
Gebührend gefeiert wurde dieser Schritt bei einer Ausfahrt nach Meran, bei der nicht nur gespielt wurde, sondern man sich auch ein paar Gläschen Südtiroler Wein gönnte. Nachfolger des aus beruflichen Gründen scheidenden 1. Vorsitzenden Hansjörg Rupp wurde 1982 Hubert Höhn. Er stand auch gleich vor vielen organisatorischen Aufgaben, denn das 25. Jubiläumsjahr stand ins Haus.
Mit den Worten: „Man muss aufhören, wenn’s am schönsten ist“ nahm der musikalische Leiter Christoph Weber dieses ereignisreiche Jahr zum Anlass, seine erfolgreiche Zeit beim FZ „Tell“ zu beenden. Auch viele Jahre danach konnte man jederzeit mit seinem Engagement rechnen. An der darauf folgenden Mitgliederversammlung wurde Rolf-Dieter Huber zu seinem Nachfolger gewählt. Unter seiner Leitung konnte man 1984 beim Brezelfest in Speyer erneut glänzen. In der Jahreshauptversammlung 1984 musste das Amt des ersten Vorsitzenden und des musikalischen Leiters erneut besetzt werden, denn sowohl Hubert Höhn als auch Rolf-Dieter Huber mussten aus beruflichen und privaten Gründen im Fanfarenzug aufhören.
Mit Albert Junker als 1. Vorsitzenden und Joachim Fiehl als Zugführer wurden zwei junge Idealisten gewählt. Mit ihnen sollte eine längere Ära beginnen, die so manches veränderte und erneuerte. Im organisatorischen Bereich wurde u.a. der „Tell-Ball“ weiter ausgebaut und in größere Hallen verlegt und viele neue Veranstaltungen organisiert. Die Weihnachtsfeier für alle Mitglieder wurde mit einem Laientheater, gelungenen Diavorträgen des langjährigen Kassiers Jürgen Kaufmann und einer Tombola verbessert. Dank des musikalischen Talents von Joachim Fiehl und mit Hilfe von Horst Pichler und Christoph Weber wurde das musikalische Repertoire anspruchsvoller und vielseitiger. Man behielt die bisherige Linie bei und blieb bei reinen Naturfanfaren ohne Ventile und setzte seine Stärken auf den historischen Musikstil. Mit der Umsetzung von Purcells „Trumpet Voluntary“ auf Fanfare gelang dies auf besondere Weise. Bis heute wird dieses Konzertstück oft bei Hochzeiten in der Kirche gespielt. Aber auch moderne Stücke wurden weiterhin komponiert, mit denen man an der Fasnet viel Schwung in so manche Fasnetsbälle brachte. An den Fasnetsbällen der Narrenau Weissenau beispielsweise spielte man auf das Playback von Falcos „Sound of Music“ ebenso wie zusammen mit der Band „Snap“ auf Michael Jacksons „Bad“. Damit machte man die Vielseitigkeit der Fanfarenmusik deutlich.
Das 30-jährige Jubiläum 1988 sollte nicht mehr nur auf ein Wochenende gelegt werden sondern mit mehreren Veranstaltungen über das Jahr hinweg gefeiert werden. Den „Tell-Ball“ feierte man im Februar erstmals in der Festhalle Weißenau. Im Mai fand ein Festabend für geladene Gäste statt, bei dem auch der Patenverein „FZ Welfen“ aus Weingarten musikalisch mitwirkte. Bereits im September stand mit einem Fußballturnier befreundeter Vereine in Weißenau der nächste Jubiläumstermin ins Haus, bevor ein Weinfest im Oktober auf St. Christina ein weiteres Jubiläumsjahr beendete.
In Zusammenarbeit mit Erwin Sauter veranstaltete der Tell 1994 eine „Benefiz-Oldie-Night“ in der Festhalle Oberzell, wobei der Gewinn der Veranstaltung an das Projekt „Clinic Home Interface“ gespendet wurde.
Nach 11 Jahren Amtszeit als 1. Vorsitzender legte Albert Junker Ende 1995 sein Amt aus beruflichen und privaten Gründen nieder. Aus zeitlichen Gründen und „nur als Vorstand auf dem Papier“ wollte er nicht weitermachen. Bis heute unterstützt „Albi“ den Verein musikalisch und organisatorisch und ist weiterhin eine wichtige Stütze des Vereins.
Der Erfolg mit zweistimmigen Märschen war zur damaligen Zeit enorm. Und bereits kurz darauf konnte man beim Musikfest in Röthenbach mitwirken. Wie gut bereits gespielt wurde, bewies die Einladung zur Hochzeit des Herzogs Karl von Württemberg mit Prinzessin Diane von Orleans am 17.7.1960 in Altshausen. Im selben Jahr war es dann auch soweit unter Tambourmajor Franz Noll, beim größten und bis heute beliebtesten Fest aller „Teller" - dem
Ravensburger Rutenfest - mitzuwirken. Mit schwarzer Bundhose, roten Strümpfen, weißer Bluse, grünem Hut und grünem Umhang und mit zackigen Fanfarenmärschen (bereits dreistimmig) legte man 1960 den Grundstein für die Zugehörigkeit zum Ravensburger Rutenfest.
Unter Zugführer Helmut Weiß musste der Fanfarenzug 1970 in Montélimar/Frankreich „Federn lassen“. Denn so betitelte die ortsansässige Zeitung den geradezu stürmischen Empfang und den Raum des Hutschmucks durch die jungen Französinnen. Zwei unvergessliche Tage in der Partnerstadt Ravensburg folgten, an die sich die Beteiligten heute noch gerne erinnern.
Mit der „Hömerkluft“ – einer Mischung aus Germanen und Clowns – war man an der Fasnet die Attraktion schlechthin. „Do kam a blosa wia ma will, ma kriagt immer Beifall“ wurde rückblickend festgestellt. Seither präsentierte sich der FZ „Tell“ jedes Jahr an der Fasnet mit neuen originellen Kostümen, die überall wo man auftrat, stürmisch gefeiert wurden.
1975 übernahm Ulrich Deihle die Leitung des Vereins. Ebenfalls drei Jahre lang leitete er die Geschicke des Vereins auf seine elegante Art und Weise. Bereits damals war er ein guter Gewehrschütze und brachte so manche Schießbudenbesitzer zur Weißglut und seinen Kameraden den ersehnten Weißwein.
Das Münchner Oktoberfest 1978 war dann die Premiere des neuen Zugführers Christoph Weber. Mit ihm war ein neues musikalisches Talent Zugführer geworden, der vor allem mit seinen Fasnetsstücken für neuen Schwung sorgte. Die Übernahme der musikalischen Leitung des „Ring oberschwäbischer Fanfarenzüge“ (ROF) machte dies besonders deutlich und war auch für den „Tell“ ein zusätzlicher Imagegewinn. Es folgten weitere Auftritte in Laupheim und beim Biberacher Schützenfest. Besonders an der Fasnet hatte man recht viel Erfolg und war fester Bestandteil im Programm der Narrenau Weissenau und der Narrenzunft Brochenzell geworden.
Der 1. „Tell-Ball“ an der Fasnet 1983 war sowohl seine erste Bewährungsprobe als auch der Auftakt eines ereignisreichen Jahres. >Der Besuch beim Blütenfest im französischen Saumur war sicherlich das herausragendste Ereignis der vergangenen Jahre. Dieses Wochenende war nicht nur musikalisch eine wichtige Vorbereitung auf das anstehende Jubiläum, sondern steigerte das „Wir-Gefühl“ enorm. Der farbenprächtige Umzug, den man zusammen mit Gruppen aus ganz Europa mitgestalten durfte, war mit über vier Stunden sicher gleichwohl beeindruckend als auch anstrengend.
Der Fahnenschwinger Jürgen Kaufmann (seit 1979 Kassierer beim FZ Tell), war an diesem Tag in der Bestform langer Jahre. Und die Franzosen dankten ihm seine haushohen Fahnenwürfe nicht nur mit Beifall, sondern warfen sogar mit Geldstücken. Ein Nachtumzug beendete dieses Wochenende und beim Abschied gab es so manche Tränen einiger Französinnen.
Die Jubiläumsfeierlichkeiten zum 25-jährigen Vereinsbestehen im September 1983 unter Schirmherrschaft des damaligen OB Wäschle, wurden durch ein Platzkonzert vor dem Lederhaus eröffnet. Beim Festabend in der St. Christina Halle mit geladenen Gästen war wohl der Auftritt des Jubiläumszugs der Höhepunkt. Die Überraschung des Abends war sicherlich ein von Horst Pichler komponiertes Konzertstück, welches er dem „Tell“ schenkte. Unter dem Namen „Jubiläums-Fanfare“ hat es bis heute seinen Platz im musikalisch anspruchsvolleren Repertoire des Fanfarenzugs. Abgerundet wurde das Jubiläumswochenende durch einen Umzug von mehr als 30 Fanfarenzügen durch die Ravensburger Innenstadt mit musikalischem Ausklang in Ravensburgs beliebtestem Garten, dem Bärengarten. Bereits damals sprach der damalige Bürgermeister Albrecht von einer engen Verbundenheit der Stadt Ravensburg mit dem Fanfarenzug „Tell“. Unmittelbar nach dem Jubiläum stand mit dem Oktoberfest in München, bei dem man zum zweiten Mal mitwirken durfte, bereits wieder ein besonderes Wochenende bevor, und diente somit als gewisse Belohnung für die Strapazen der vergangenen Wochen.
Ein von Horst Pichler entwickelter und vom Musikhaus Lange hergestellter Bogen für die Fanfare ermöglichte es, einen anderen Tonbereich zu erreichen. Mit einem von Joachim Fiehl und Christoph Weber speziell für diesen Bogen komponierten Konzertstück, der „Weigold-Fanfare“ konnte der Fanfarenzug 1986 in Burgsteinfurt im Münsterland und am darauf folgenden Rutenfest erstmals musikalische Akzente setzen. Das „Internationale Truckertreffen“ in Karlsruhe war sowohl für die Mitglieder des Tells als auch für viele Truckerfahrer aus ganz Europa etwas Besonderes. Man stellte fest, dass sogar manche rauen Gesellen die Fanfarenmusik als etwas Besonderes empfanden.
Mit dem bereits erwähnten Konzertstück „Jubiläums-Fanfare“ erreichte man 1989 den 1. Platz im Wertungsspiel in Ulm. Allerdings musste man erkennen, dass bei solchen Wertungsspielen wie auch in Sportarten, bei denen Punkte durch Punktrichter vergeben werden, die einzelnen Leistungen sehr subjektiv beurteilt werden.
Eine weitere Fahrt zum Blumenfest in Saumur in Frankreich war sicherlich der Höhepunkt des Jahres 1990. Unvergesslich bleibt wohl der Moment, als der Fanfarenzug zum Empfang ins Rathaus geladen war und nur „Oldie“ Ralf Maronn im Freien stand und an eine Riesenschar Kinder Autogramme verteilen musste. Von diesen vier Tagen in Frankreich (und den schönen Französinnen!) wird oft heute noch geschwärmt. Viele FZ-Treffen und Auftritte folgten, bevor dann 1994 eine Ausfahrt nach Vöcklamarkt bei Salzburg die Aktiven erneut motiviert und begeisterte. Beim dortigen Schützenfest war der Fanfarenzug einer der Höhepunkte und bekam sogar ein ganzes Hallenbad zur Verfügung, um sich in Pausen zwischen den Auftritten zu verschönern.